Störtebeckers schwarze Spur zieht sich durch das Buch der Hanse
Bernd Rose, Lübeck (Deutschland)

Das querformatige Bild ist in der Mitte geteilt und wirkt so wie ein aufgeschlagenes Buch. Genau das ist von Bernd Rose beabsichtigt. Denn woher sinst als aus Büchern wäre "das Geflecht an historischen Veränderungen, persönlichem und kollektivem Gewinn- und Machtstreben" aus der Zeit der Hanse zu durchschauen, gibt der Künstler zu bedenken. Deshalb wählte er für seinen Beitrag diese Bildsprache. Die linke Hälfte symbolisiert mit den ordentlich gefügten Zeichen die stabile und erfolgreiche Zeit der Hanse, die, nach den Gesetzen des Waldes, nicht ewig dauern konnte. Deshalb geraten auf der rechten Seite die grafischen Elemente ins Taumeln und verlieren ihre Festigkeit. Ansprüche der Fürsten, das Aufstreben anderer Städte und nicht zuletzt der Dreißigjährige Krieg bedingten den Niedergang der Hanse. Die blassgelben Farben an den Rändern sind ambivalent zu verstehen. Einerseits zeigen sie an, dass der alte Ruhm der Hanse verblichen ist; andererseits sind sie in ihrer Heiligkeit durchaus als neuer Glanz interpretierbar, der aus dem geschichtlichen Hintegrund aufkeimt. Ein neues "Goldenes Zeitalter" müsse keine Utopie bleiben - den optimistischen Gedanken will Bernd Rose anbieten. Der schwarz brennende Streifen ist als Mahnung zu verstehen: Bei allen großen Unternehmen droht Gefahr, Zerstörung und Zersetzung, wofür der Künstler die Gestalt Störtebeker zitiert. Der titelgebende Seeräuber, der mit seinem Freund Godeke Michels die Meere unsicher machte, wurde nach der Verurteilung durch die Hanse 1401 hingerichtet.
Text: Barbara Höpping
Quelle: Katalog "Das Lüner Hansetuch" - Förderverein für Kunst und Kultur Lünen e.V., 2017